Weltweit starten täglich bis zu 30.000 Wetterballone unterschiedlicher Größen in die Luft. Sie sammeln verschiedenste Daten bis in Höhen von 40.000m, um das Wetter vorhersagen zu können, aber auch, um die Entwicklung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck und Lichtintensität zu beobachten. Die erhobenen Messdaten liefern somit auch einen bedeutenden Beitrag für die Untersuchung des Klimawandels.
Nun haben auch Schüler*innen des Tilman-Riemenschneider-Gymnasiums (TRG) einen solchen Forschungsballon zusammen mit einer Sonde, die sie mit zwei hochauflösenden Kameras, Messelektronik und GPS-Sendern bestückt hatten, auf die lange Reise in die Stratosphäre geschickt.
Am Dienstag, den 09.11.2021 um 11.11 Uhr ging der Ballon nun endlich nach drei wetterbedingten Startabbrüchen in den zurückliegenden Wochen bei strahlendem Sonnenschein auf seine Reise. Unter großem Applaus stieg er mit 36 km/h schnell in die Lüfte und filmte dabei beeindruckende Bilder von Osterode und der Umgebung, bevor er schließlich die leichte Wolkendecke durchbrach und sich immer weiter gen Weltall entfernte.
Beim Start auf dem Schulhof betrug die Temperatur noch gut 10°C, aber mit steigender Höhe nahmen sowohl Temperatur als auch Luftdruck stetig ab, sodass in über 36km Höhe, die der Ballon schließlich erreichte, bitterkalte Temperaturen von über -50°C gemessen werden konnten. Entscheidend in dieser Höhe ist aber auch der Luftdruck, der hier nur noch 0,01 Bar beträgt und somit einhundertmal geringer als bei uns auf der Erde ist. Durch den enormen Druckunterschied dehnte sich der Ballon daher auf über zwölf Meter im Durchmesser aus, was ihn schließlich auch zum Platzen brachte. Aber genau dies war so gewollt, denn irgendwie müssen die Messgeräte ja wieder zu Erde gelangen. Und so entfaltete sich nach einer kurzen Zeit freien Falls, in dem die Kameras atemberaubende Bilder aufzeichnen konnten, ein kleiner Fallschirm, der die Sonde dann in einem ca. einstündigen Flug sicher zur Erde zurücksegeln ließ, wo sie dann wieder eingesammelt werden sollte.
Also nahm bereits kurz nach dem Start das Bergungsteam des Physik-eA-Kurses mit ihrem betreuenden Lehrer Thomas Mildner die Fahrt zum vorausberechneten Landeort in Sachsen-Anhalt auf. Dank der zwei eingebauten GPS-Sender konnte das Team die tatsächliche Flugroute des Ballons zunächst gut nachvollziehen, allerdings stellten beide Sender kurz nacheinander ihren Dienst zunächst ein. Das letzte Signal konnte empfangen werden, als der Ballon in einer Höhe von knapp 20.000 m über Sankt Andreasberg schwebte. Dies hatte der Physikkurs jedoch zuvor einkalkuliert, da kein GPS-Sender ab einer solch enormen Höhe Signale versenden kann. Dennoch brach jetzt die spannendste Phase des Experiments an, man hoffte und bangte fast eine Stunde lang, bis sich die Sonde schließlich über Braunlage zurückmeldete und das Bergungsteam die Verfolgung wieder aufnahm. Von leichten Winden nach Nordosten abgetrieben landete die Sonde schließlich unversehrt ca. 54km weiter nahe des sachsen-anhaltinischen Ascherslebens auf einem Feld, wo sie von den Schüler*innen und ihrem Lehrer sicher geborgen werden konnte. Die erste Sichtung des Videomaterials noch vor Ort sorgte ausnahmslos für staunende Gesichter, bevor es auf den Heimweg nach Osterode ging.
Die Idee, einen Wetterballon steigen zu lassen, existiert am TRG bereits seit zwei Jahren. Coronabedingt musste das Projekt aber immer wieder auf Eis gelegt werden. Zum 75. Geburtstag Niedersachsens nun hat sich für das TRG endlich wieder eine Gelegenheit ergeben, zusammen mit Schulen an Standorten in Emden, Buxtehude, Oldenburg, Göttingen, Osterholz-Scharmbeck und Hannover einen mit Helium gefüllten Wetterballon starten zu lassen. Der Erfolg dieses Projekts hat Schüler und Lehrer derart begeistert, dass bereits weitere Veranstaltungen dieser Art geplant werden.
Projekte dieser Größer sind immer auch mit einem nicht unerheblichen Finanzierungsaufwand verbunden. Einen Großteil der Kosten hat dabei erfreulicherweise das Climate Action Projekt (CAP) der UNESCO finanziert. Damit die Organisatoren auch die restlichen Kosten decken konnten, hat der Förderverein des TRG die noch vorhandene Finanzierungslücke unkompliziert geschlossen. Allen Unterstützern sei an dieser Stelle noch einmal von Seiten des Projekt-Teams gedankt.
Aber auch Schulleiter Dietmar Telge dankt dem CAP und dem Förderverein für ihr Engagement daher auch von Herzen: „Ohne die Bereitschaft des CAP und unseres Fördervereins, für die entstanden Kosten aufzukommen, hätte es solch ein beeindruckendes Projekt kaum geben können. Wir als UNESCO-Projektschule hatten so die Möglichkeit, eine wichtige Methode der Klimaforschung einmal selbst auszuprobieren und somit auch Wissenschaft hautnah erleben zu dürfen. Vielen, vielen Dank dafür!“.
Auch der Harzkurier berichtete am 27.11.2021 über den Wetterballon.