Schulchronik

Vermutlich wurde in Osterode zuerst eine Klosterschule und dann eine Ratsschule an der Aegidien-Kirche gegründet, die dann beide – wie in vielen Städten – zu einer Schule verschmolzen wurden. Wie eine Urkunde des Klosters Wibrechtshausen vom 2.11.1287 besagt, muß es damals in Osterode mehrere Schulen gegeben haben. Dagegen existierte nach einer Urkunde vom Jahre 1380 damals nur noch eine Schule. Sie hatte dem Kloster einen jährlichen Zins zu zahlen. Es scheint hiernach, daß sie die Räume und Geräte der alten auf herzoglichem Grund und Boden liegenden Klosterschule benutzte.

Durch eine Urkunde vom 6.2.1420 übertrugen die Herzöge von Braunschweig, Friedrich, Erich und Otto das Eigentum, die Ver-waltung und die Aufsicht über den gesamten Schulbetrieb dem Rat der Stadt. Für die geringe Schülerzahl genügten damals ein Lehrer und ein Schulzimmer.

Im 16. Jahrhundert war die Schule in einem der Pfarrhäuser hinter der Aegidien-Kirche untergebracht, das am 1.9.1545 abbrannte und 1552 wieder neu errichtet wurde. Als nach der Reformation die Bevölkerung zunahm, der Wohlstand stieg und das Bildungsbedürfnis wuchs, nahm auch die Zahl der Schüler zu.

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wirkten an der Schule 3 Lehrer.

Bereits im Jahre 1619 verließ die Schule ihr zu eng gewordenes Heim hinter der Marktkirche und siedelte in das Kommandantenhaus, Jöddenstraße über. Die Schüler waren nun in 5 Klassen eingeteilt, in denen 6 Lehrkräfte wirkten. Die oberste Klasse wurde stark von auswärtigen Schülern besucht, welche in Bürgerhäusern gegen freie Kost und Wohnung den Kindern Unterricht erteilten. 1642 traten 25 Schüler in die 5. und gleichzeitig oberste Klasse ein, 10 einheimische und 15 auswärtige.

Bis um das Jahr 1660 bot die Schule, in der Lesen, Schreiben, Rechnen, Gesang, vorwiegend Latein und in den oberen Klassen etwas Griechisch getrieben wurde, die einzige Bildungsmöglichkeit der Stadt für Jungen, egal, ob sie zur Universität oder Volksschule wollten. Für Mädchen waren in allen drei Gemeinden der Stadt besondere getrennte Schulen entstanden.

1851 wurden die unteren Klassen der Latein-Schule, die damals den Namen eines Progymnasiums führte, in eine Volksschule und eine höhere Schule gespalten. Die Schülerzahl der letzteren betrug 1866 nur 91. Beide Schulen blieben bis 1867 im selben Gebäude, und zwar dem sogenannten Heistermannschen Hofe, der 1887 abbrannte.

1931 wurde das Luisen-Lyzeum, das 1832 als Private Höhere Töchterschule gegründet, 1920 von der Stadt übernommen worden war und 1930 seine erste Reife- und Schlußprüfung hatte durch-führen können, mit dem Realgymnasium zusammengelegt. Aber schon 1938 wurden beide Schulen wieder getrennt und zwar in eine Oberschule für Jungen und eine Oberschule für Mädchen (Klasse 1 bis 6 hauswirtschaftliche Form) unter einheitlicher Leitung.

Viel stärker als der erste Weltkrieg griff der zweite Weltkrieg in das Leben der Schule ein. Nicht nur, daß eine große Anzahl von Lehrern und Schülern eingezogen wurden sondern verschiedentlich wurden auch die Schulgebäude für kriegswichtige Aufgaben beschlagnahmt, bis mit dem Einrücken der alliierten Truppen im April 1945 der Unterricht völlig geschlossen wurde.

Erst im Herbst 1945 konnte im Gebäude in der Scheffelstraße in geringem Umfang wieder mit dem Unterricht begonnen werden. Für heimgekehrte Kriegs-teilnehmer lief am 1.10.1945 der erste Übergangskursus an, dem im Laufe der Zeit noch 3 weitere folgten. Die obersten Klassen der beiden Oberschulen wurden an einigen Tagen unterrichtet, und erst nach Monaten war es möglich, jeder Klasse wenigstens an 3 Tagen in der Woche Unterricht zu erteilen. Und das alles in dem alten, engen Luisen-Lyzeum! Es war eine schwere Zeit für Lehrer und Schüler. Die Leitung lag in den Händen von Oberstudienrat Gerlach der gleich zu Beginn des Krieges die Vertretung für Oberstudiendirektor Dr. Stührenberg übernommen hatte. Am 1.2.1947 wurde Oberstudiendirektor Böttger Leiter beider Anstalten.

Nach langen, oft sehr schwierigen Verhandlungen mit den verschiedensten Stellen der Alliierten wurden an beide Schulen im Frühjahr 1947 2 Zimmer im Hauptgebäude, Dörgestraße, freigegeben. Als am 11. Juni 1947 dann das ganze Gebäude geräumt wurde, sah es dort zunächst trostlos aus. Sämtliche Tische, Bänke, Stühle, Schranke, Tafeln, Lampen usw. waren ver-schwunden, selbst einige Türen waren in den Ofen gewandert. Die meisten Fensterscheiben waren kaputt, Bibliothek, physikalische und chemische Sammlungen, Turnhalle usw. waren ausgeplündert, und die Aula und die Klassenräume boten ein grauenhaftes Bild der Zerstörung. In mühseliger Arbeit und unter großen Opfern von seiten der Stadt wurden die Gebäude wieder instandgesetzt und die gestohlene Einrichtung erneuert, so daß im Sommer 1948 der planmäßige Unterricht wieder voll durchgeführt werden konnte.

Durch Verfügung vom 1.10.1951 wurde den beiden Schulen die einheitliche Bezeichnung Städtische Oberschule Osterode/Harz gegeben.

Oberstudiendirektor Böttger, der Ostern 1953 die Altersgrenze erreichte, die Amtsgeschäfte aber noch ein halbes Jahr länger geführt hatte, trat am 30.9. 1953 endgültig in den Ruhestand. Sein Nachfolger, Oberstudiendirektor Dr. Kämpf, übernahm am 1.10.1953 die Leitung der Schule.

1955 : In Herzberg wird eine neue Oberschule eröffnet. Dadurch sinkt die Schülerzahl der Osteroder Oberschule von 991 im Jahre 1954 auf 617 im Jahre 1958.

1956 : Die Pläne für den Schulneubau werden vorgelegt Die Oberschule erhält die neue Bezeichnung »Gymnasium Osterode«.

1957 : Vom 16 Januar bis zum 14 Oktober werden ungarische Oberschüler (bis zu 23 Jungen und Mädchen), die nach dem Aufstand aus ihrer Heimat fliehen mußten, in unserer Schule in den entspr. Klassen bis zur Errichtung einer ungarischen Oberschule in München-Fürstenried unterrichtet.

Im November beginnt der Unterricht im fertiggestellten ersten Bauabschnitt des Neubaus der naturwissenschaftlichen Abteilung,

1958 : die am 7 Februar 1958 eingeweiht wird.

1960 : Am 11 August verlassen die drei letzten Klassen das frühere Luisen-Lyzeum an der Scheffelstraße Im November wird der zweite Abschnitt des Neubaus eingeweiht und bezogen.

1964 : Der gesamte Neubau ist fertiggestellt, wird eingeweiht und bezogen. Das Gymnasium erhält damit sein sechstes Schulgebäude. Dies aber ist das erste, das eigens für das Gymnasium gebaut wurde. Ein Abschnitt der Schulgeschichte von fast 700 Jahren hat damit sein Ende erreicht, ein neuer beginnt.

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