Ein Reisebericht vom 2. Start-Up Workshop im Senegal (März 2018)
Am 10. März beginnt die zweite Workshopphase zu den von den Schülern im Dezember ausgearbeiteten Ideen ihrer Start-Ups.
Am Flughafen in Dakar erwarten uns bekannte Gesichter: Caren Bredin (vom Goetheinstitut Dakar) und ihre „Assistentin“ Marie Armbrecht nehmen uns in Empfang. Wir übernachten in Dakar und machen uns am nächsten Morgen auf den Weg in die Küstenstadt St. Louis, die direkt an der Grenze zu Mauretanien liegt.
Die doch sehr abwechslungsreiche Landschaft lenkt uns ein bisschen von der Enge in dem kleinen Bus ab. Zweimal werden wir auf der Strecke kontrolliert, dürfen aber zum Glück ohne große Beanstandungen weiterfahren.
Nach der Ankunft auf der Ranch Bango beziehen wir schnell unsere Zimmer und treffen uns dann mit den senegalesischen Schülern zur Stadtbesichtigung von St. Louis, was ca. 8 km entfernt liegt. Dort machen wir einen Stadtrundgang, wobei wir eine Brücke überqueren, die die Stadtteile, die auf Inseln liegen, miteinander verbindet. Hier sieht man bunte Boote, soweit das Auge reicht. Fischer. Wir durchqueren die Stadt, bis wir ans Meer gelangen, und sehen uns dann das Hafengebiet an. Hier verfolgt uns eine ganze Horde von Kindern, die von uns fasziniert zu sein scheint und die uns am liebsten alle anfassen wollen.
Wir steigen wieder in den Bus und fahren zwischen alten Kolonialhäusern hindurch, die der Stadt eine gewisse Eleganz und Schönheit verleihen. Hier sieht man auch einige Touristen. Ganz anders als in Kaolack! Eins haben die Städte jedoch leider gemeinsam, wie die Schüler schnell bemerken: Überall liegt massenhaft Müll…
Am Montag beginnen die Workshops in der Militärakademie. Dieses Mal haben die deutschen Schüler eine eigene, deutsche Workshopleiterin, Christina Heffernan. Das trennt sie zwar in den Arbeitsphasen von ihren senegalesischen Mitschülern, aber in den Pausen und beim Essen findet ein reger Austausch statt, der auf Gorée noch intensiviert wird. Außerdem trägt es viel zum Verständnis bei, da wir auch einige nicht französisch sprechende Schüler dabei haben.
Der Workshop ist arbeitsintensiv, da Frau Heffernan schnell feststellt, dass es sehr große Lücken gibt, die bis Freitag aufgearbeitet werden müssen. Die im Programm ausgewiesene Freizeit nach dem Abendessen wird von den meisten Schülern noch zur Arbeit an ihren Businessplänen genutzt. Sie kämpfen dabei mit dem unbeständigen WLAN, um genauere Informationen z.B. zu ihrem Finanzplan zu erhalten.
Am Ende der Woche müssen sie ihre Unternehmensidee in zwei Minuten einer Jury präsentieren (das so genannte Pitching), um diese als Sponsoren zu gewinnen. Die fünf Mitglieder der Jury stellen daraufhin fünf Minuten lang Fragen und entscheiden dann, welche Geschäftsidee sie am überzeugendsten finden. Die beiden Siegergruppen fahren im August nach Berlin, um dort zur Völkerverständigung beizutragen und sich um die afrikanischen Siegergruppen, die aus unterschiedlichen Ländern kommen, zu kümmern. Nur eine der senegalesischen Gruppen kommt also nach Berlin.
Frau Heffernan arbeitet so intensiv mit den Schülern und löchert sie mit Fragen, die die Jury stellen könnte, dass sie sich am Ende alle gut vorbereitet fühlen.
Zwischendurch dürfen wir auch im Unterricht der Militärakademie hospitieren, der von unseren Schülern als sehr angenehm und technisch fortschrittlich gelobt wird. Die Klassen sind im Vergleich mit denen in Kaolack sehr klein (höchstens 20 Schüler im Gegensatz zu 60- 70 in Kaolack). In einer Abschlussklasse arbeiten sogar nur vier Schüler konzentriert an ihren Laptops. In fast jedem Unterricht werden Computer, Beamer und Whiteboards oder Smartboards eingesetzt. Beim Prytanné militaire handelt es sich eben um eine Eliteschule!
Hier herrscht tatsächlich große Disziplin. Bei unserem Schulrundgang sehen wir einige Schulklassen marschieren und dabei singen. Auf dem Schulgelände dürfen wir uns frei bewegen und die Soldaten haben sich schnell an unsere Anwesenheit gewöhnt und versorgen uns mit dem, was wir brauchen (z.B. zahlreichen Wassereimern für die Toilettenspülung).
Am Mittwoch gibt es eine wohlverdiente Pause von der ganzen Arbeit, denn wir fahren mit allen Schülern und Lehrern in den Djoudj Nationalpark. Ein Highlight der Reise, wie viele der Schüler am Ende der Reise bemerken. Hier gibt es massenhaft Zugvögel und eine riesige Pelikankolonie. Mit dem Boot kommt man so dicht an die großen Vögel heran, dass man sie beinahe anfassen kann. Das ist schon ein beeindruckender Anblick, wenn sie dann in perfekter Formation dicht über unsere Köpfe hinwegfliegen.
Wir beenden den Ausflug mit einem Picknick im Schatten und kehren gegen 16:00 Uhr zurück zur Militärakademie. Also bleibt auch an diesem Tag noch genügend Zeit zum Arbeiten!
Am Donnerstag nach dem Mittagessen geht es zurück nach Dakar, bzw. zur Fähre nach Gorée. Diesmal allerdings im Prytanné-eigenen Bus, in den alle Schüler und Lehrer passen. Mit Beinfreiheit und Klimaanlage!
Zwei Soldaten fahren uns. Niemand wagt es, uns auf der Strecke zu kontrollieren. In Dakar ist eine Straße gesperrt. Kein Problem für uns, die Polizei macht uns den Weg frei! Militärbegleitung hat in diesem Land unglaubliche Vorteile!
Wir erreichen pünktlich den Fährhafen und die Chaloupe bringt uns in ca. 15 Minuten nach Gorée. Dort beziehen wir die einfachen Zimmer in der Auberge, in der wir nun endlich alle zusammen wohnen.
Abends gibt es ein reges Hin und Her zwischen den Zimmern. Überall hört man Gespräche in vier verschiedenen Sprachen, zur Not wird mit Händen und Füßen kommuniziert. Auf dem Flur wird Pfefferminztee auf einer mitgebrachten Kochplatte zubereitet. Es ist schön zu sehen, wie sich alle verstehen, obwohl sie doch am nächsten Tag Konkurrenten sein werden…
Nach einer kurzen Nacht folgt dann der letzte Teil des Workshops. Es wir ausgefeilt, probiert, auswendig gelernt und nochmal die Zeit genommen…
Und dann ist es endlich soweit. Die Jury ist angereist (eine Vertreterin der Deutschen Botschaft, eine Vertreterin des DAAD, der Institutsleiter des Goetheinstituts aus Dakar, der Vorsitzende des senegalesischen Deutschlehrerverbandes und ein Vertreter aus der Wirtschaft).
Die sechs senegalesischen Gruppen sind zuerst dran. Alle liegen perfekt in der Zeit. Hier gewinnt eine Mädchengruppe von MEMBA, dem Mädcheninternat auf Gorée. Sie wollen Strom aus Abwasser erzeugen und haben sogar einen Prototyp gebastelt, den sie während desVortrags vorführen. Bei der späteren Siegerehrung hüpfen sie vor Freude über die Bühne…
Die ist nun frei für unsere drei deutschen Gruppen. Das Pitching gelingt allen drei Gruppen hervorragend. Kein Versprecher und die Zeit wird von allen eingehalten. Nun müssen sie sich noch fünf Minuten den Fragen der Jury stellen. Man merkt, dass Frau Heffernan ganze Arbeit geleistet hat. Keine Frage kommt unvorbereitet.
Es folgt die Beratung der Jury und endlich gibt es ein Ergebnis:
Die Gruppe TrueAid (Noah Giczella, Theresa Hickmann, Leonie Warnecke) überzeugt die Jury am meisten. Sie haben die Idee entwickelt, Erste-Hilfe-Taschen in den Dörfern in Senegal zu verteilen, um so eine Erstversorgung der Bewohner zu sichern und sie z.B. vor Tetanus zu schützen.
Flashlight (Orell Vollborn, Lea Ostermeier, Lena Scheerschmidt) ist die zweite Gruppe, die im Sommer nach Berlin fahren wird. Sie entwickelten eine Art Unterstützungswebsite für Ideenfinder von Start-Ups, auf der sie sowohl Sponsoren als auch ratgebende Fachleute aller Art finden sollen.
Nun kann gefeiert werden!!!
Am Samstagmorgen folgt der tränenreiche Abschied von den Senegalesen, die als erstes abreisen.
Uns bleibt noch genug Zeit, um uns nach dem Besuch des Sklavenhauses und einer Inselralley zu entspannen und noch das ein oder andere Mitbringsel zu besorgen.
Auch die Rückreise verläuft dank der perfekten Organisation des Goetheinstituts problemlos. Müde, aber mit dem Gefühl, viel geschafft zu haben, werden wir am Sonntagmorgen in Hannover in Empfang genommen…
Es war eine arbeitsintensive und interessante Woche, in der viele Freundschaften entstanden und aufgefrischt worden sind. Ich habe viel über Start-Ups gelernt und bin mir sicher, dass das genau der richtige Ansatz ist, um aus den vielen Ideen der Schüler vielleicht später einmal mehr zu machen. Ich hoffe, gerade für die senegalesichen Schüler, dass sie mit dem, was sie gelernt haben, die Zukunft ihres Landes mitgestalten und vielleicht sogar ein bisschen besser machen können.
NIO FAR – WIR MACHEN WEITER!
Text: Christine Prions, Bilder: Antje Vollrath